Hannah Höch: Erfinderin der Fotomontage und Grande Dame des Dadaismus.
Ihr Leben lang wurde die Avantgarde-Künstlerin auf diese beiden Punkte
reduziert. Dabei hat der künstlerische Kosmos der Hannah Höch so viel
mehr zu bieten. Gerade die Vielfalt ist es, die ihr Werk auszeichnet.
Nie ließ sie sich festlegen, immer tat sie genau das, was ihr in den
Sinn kam.
Neben den berühmten politischen Collagen, mit welchen
sie die moderne Kunstgeschichte mitschrieb, malte Hannah Höch Gemälde in
Öl, fertigte Tusch- und Bleistiftzeichnungen, Aquarelle, Gouachen und
Linolschnitte. Auch Musterentwürfe und Illustrationen sind eine wichtige
Komponente ihres Schaffens. Allen diesen Arbeiten zu eigen ist, dass
sie oftmals eine neue, bislang größtenteils unbekannte Seite der
Künstlerin offenbaren. Sie spiegeln eine Hannah Höch wieder, die sich
eben nicht nur mit ihrer ganz eigenwilligen Ironie dem politischen
Tagesgeschehen widmete. Stattdessen geben sie einen facettenreichen und
intimen Einblick in die Welt der empfindsamen und nachdenklichen Künstlerin, die ihr Leben lang ein besonderes Gespür für die versteckte
Schönheit hatte: Sei es die Schönheit kleiner Momente
zwischenmenschlicher Begegnungen, diejenige ornamentaler Muster oder
banaler Alltagsszenen – Hannah Höch hatte eine Gabe dafür, sie
einzufangen und festzuhalten.
Faszinierend ist der Stil- und
Formenreichtum, dessen sie sich bedient. Mit jedem neuen Werk überrascht
sie, nie scheint sie sich zu wiederholen. Ob abstrakt, figurativ,
malerisch oder zeichnerisch – nie gehen ihr die Ideen aus. Sie jongliert mit behänder
Leichtigkeit mit Themen und Techniken, ohne dabei je beliebig zu werden.
Was sie fertigt, ist stets durchdacht, oft in zahlreichen Zeichnungen vorbereitet, bis sie den einen Augenblick, die eine Komposition
gefunden hat, die ihrem Anspruch genügt.
Wie kann es da sein,
dass dieser Künstlerin erst so spät der ihr gebührende Ruhm zukommt? Die
Kunstgeschichte hat diese Frage anlässlich des 100-jährigen
Dada-Jubiläums im vergangenen Jahr gleich in mehreren
Museumsausstellungen diskutiert. Als einzige Frau unter den Dadaisten
hatte Hannah Höch es nicht leicht. Unter den Nationalsozialisten war sie
gezwungen, sich in die innere Emigration zurückzuziehen, und konnte erst
nach dem Krieg wieder ausstellen. Internationale Anerkennung begann sich
seit den 1960er Jahren zu verbreiten, doch waren es hauptsächlich ihre
Dada-Verbindungen, die wahrgenommen wurden. Nun, 39 Jahre nach ihrem
Tod, erwacht das Interesse an dieser so ungewöhnlichen Frau, die für
sich in der Kunst wie auch im Leben eine „grenzenlose Freiheit“
proklamierte und ihren eigenen Weg ging.
Die Ausstellung „Hannah
Höch – Auf der Suche nach der versteckten Schönheit“ zeigt einen
Querschnitt durch das vielfältige Oeuvre der Künstlerin mit dem
Anspruch, die Konsequenz ihrer „Picassonatur“ hervorzuheben, wie sie
selbst ihren Stil- und Gattungspluralismus scherzhaft nannte.
Eröffnung der Ausstellung am Donnerstag, den 20. April 2017, von 18 Uhr bis 21 Uhr.
Es spricht Luise Pauline Fink, Ausstellungsleiterin des Kunsthaus Stade und Kuratorin der dortigen Hannah Höch-Ausstellung 2015.
Begleitend zur Ausstellung erscheint ein Leporello – Katalog.