Janssen hat unermüdlich porträtiert – Vorbilder
und Geistesgrößen, vertraute Freunde und geliebte Frauen. Er war ein Meister darin, mit wenigen Strichen das Wesentliche herauszustellen und den Charakter zu umreißen.
Ein Blick, eine kleine Bewegung, ein Blinzeln, ein Zucken um den Mund –
gerade diese Feinheiten charakterisieren zwischenmenschliches Potential
und sagen oft mehr aus als alle Worte. Horst Janssen war ein
Meister darin, diese winzigen Momente seines
Gegenübers wahrzunehmen und im Bild festzuhalten. Porträts nehmen in
seinem umfangreichen Oeuvre eine zentrale Stellung ein. Er fertigte
mehrere hundert davon – enge Freunde, die Frauen an seiner Seite,
Zeitgenossen, berühmte Dichter, Musiker, Künstler und Denker der
Vergangenheit und immer wieder er selbst sind Thema dieser „Köpfe“.
So
exzentrisch und skandalös Janssen selbst auch war, so einfühlsam konnte
er in den Konterfeis sein. Viele seiner Weggefährten beschreiben die
Porträt-Sitzungen als intensive Momente, in denen der Zeichner Janssen
in die Seele seines Gegenübers geblickt und diesen Moment auf Papier
gebannt habe. Während er in Bezug auf seine Freunde dabei in der
Darstellung immer sanft bleibt, ist er bei sich selbst
schonungslos und rabiat. Oftmals verwendet er komödiantische und
humoreske Elemente und ist sich nicht zu schade, sich zu
karikieren. Die intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich und den
Personen seines Umfeldes zeigt sich in den zahlreichen Variationen ein
und desselben Bildnisses.
Eine besondere Stellung nehmen im
Kontext der Porträts die Kopien ein. Sie alle sind nach historischen
Darstellungen bekannter Persönlichkeiten entstanden, die Janssen geprägt
und beeinflusst haben. Er gibt sie jedoch nicht eins zu eins wieder,
sondern gestaltet die Personen nach seinen eigenen Vorstellungen, fügt
Details hinzu und schmückt die oftmals rudimentären Vorlagen aus. Damit
spiegeln diese Bildnisse immer auch ein Stück des Künstlers wider, das
Zwiegespräch mit dem Antlitz des Anderen beinhaltet immer auch die
Begegnung mit sich selbst.
Horst Janssen gilt als einer der
wichtigsten deutschen Künstler der Nachkriegszeit. Immer bleibt er dem
Gegenstand verhaftet und bildet so einen Gegenpol zu den abstrakten
Tendenzen seiner Kollegen. Sein Werk besticht durch das Zusammenspiel
von Experimentierfreude und Tradition und seine zeichnerische
Meisterschaft.
Zur Ausstellung erscheint ein Leporello-Katalog mit Texten von Susanne Sauerbrunn.