Pablo Picasso

„La femme au collier“ (1947) zeigt Françoise Gilot, der Picasso 1943 begegnete und die in den darauf folgenden Jahren seine Lebensgefährtin und Mutter seiner Kinder Paloma und Claude wurde. Mit nur wenigen Strichen umreißt der Künstler die klaren, offenen Gesichtszüge Gilots, die den Betrachter frontal unverwandt anblickt.

Kopf, Haare und Schultern bestehen aus unausgesetzten Linien, die ins Ornamentale reichen: Die Linien der linken und rechten Haarhälfte erfassen sowohl die äußere Kontur als auch die Binnenstruktur und bilden gleichzeitig den Hals. In das geschlossene Oval des Gesichts setzt Picasso Augen, Nase und Mund, teilweise wiederum mit unausgesetzten Linien, wie etwa das Lid des rechten Auges.

Diese Reduktion auf das Wesentliche betont die Klarheit der Gesichtszüge, das Ornamentale von Haartracht, Halsausschnitt und Kette verleiht dem Porträt etwas außerordentlich Frisches, ja fast Duftendes. Françoise Gilot tritt einem förmlich entgegen, die Frontalität und der Verzicht auf jegliche plastische Ausarbeitung unterstreicht die Vergegenwärtigung der Person im Porträt – eine leuchtende, majestätische Erscheinung.

„Sculpteur et son modèle devant une fenêtre“ (1933) stammt aus der berühmten „Suite Vollard“, benannt nach dem Kunsthändler und Verleger Ambroise Vollard. Der 100 Graphiken umfassende Zyklus kreist um das Verhältnis von Mann und Frau, gewandet in die Rollen von Modell und Künstler. Das Blatt zeigt beide nackt im Atelier, sie stehend als Modell, umfangen von einem reich ornamentierten Paravent, er sitzend als Bildhauer davor, hingebungsvoll an einer Statue arbeitend.

Neben dem spannungsreichen Verhältnis der Geschlechter thematisiert Picasso auch den bildnerischen Prozess in den verschiedenen Gattungen von Bildhauerei und Zeichnung. Während der weibliche Akt im linken Bilddrittel mit feinen Schraffieren plastisch herausmodelliert ist, sind Bildhauer und Statue nur von einfachen Konturen umfasst.

Beide, die Bildhauerei wie die Zeichnung, werden in ihren formgebenden Eigenschaften vorgeführt, und zwar genau gegenläufig: die Zeichnung in ihrer plastischen Gestaltungskraft und die Bildhauerei in ihrer flächigen Konturbildung. Denn, so lässt sich diese Gegenüberstellung verstehen, auch die Zeichnung vermag Plastizität wiederzugeben und die Bildhauerei ist in der Lage, bildhafte harmonische Konturen auszubilden, ist doch eine gelungene Skulptur von allen Seiten schön.

Pablo Picasso (1881-1973) ist wohl der berühmteste Künstler des 20. Jahrhunderts. Er war ein begnadeter, geradezu überströmend vitaler Maler, Bildhauer, Graphiker und auch ein bedeutender Keramiker. Er schuf bahnbrechende Neuerungen wie etwa den Kubismus gemeinsam mit Georges Braque.

Und er war ein Meister des Porträts. Mit wenigen Strichen vermochte er es, das Wesentliche einer Person zu erfassen. Ganz besonders in den Konterfeis seiner Musen, Geliebten und Gefährtinnen spiegelt sich die Haltung des Künstlers zu den Porträtierten ebenso wie deren Persönlichkeiten.

Mit jeder neuen Flamme suchte er nach einer anderen Form. Kaum jemand inspirierte ihn so sehr zu neuen Stilen wie die Frauen in seinem Leben. Legendär, fast schon böse sind die Porträts der in kubistische Tränen förmlich zersplitternden Dora Maar, archaisch diejenigen von Marie Thèrese Walther. Vielfach hat er das Thema Modell und Künstler variiert, in dem ebenfalls sein facettenreiches Verhältnis zum weiblichen Geschlecht zum Ausdruck kommt.

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